Loyal, Abraham 1

Geburtsname Loyal, Abraham
Auch bekannt als Lojall, Loial, Loya
Geschlecht männlich
Alter beim Tod um 70 Jahre, 2 Monate, 14 Tage

Ereignisse

Ereignis Datum Ort Beschreibung Notizen Quellen
Geburt etwa 1660 Silly-sur-Nied (dtsch. Sillers)  
 
Tod 15. März 1730 Szemkuhnen ca. 70 Jahre alt
 
Taufe   Silly-sur-Nied (dtsch. Sillers) ref.
 
Beerdigung 3. 1730 Judtschen (1938 Kanthausen) franz. ref.
 
Beruf     Leinweber
Ereignis Notiz

1693 als "Tisserand" in Prenzlau in den KB genannt; 1695 in den KB von Strasburg i.U. als "Maitre Tisserand" (= Leinwebermeister) genannt.

 
Wohnort   Landonviller Grund- und Hausbesitzer
 
Auswanderung 1711 Szemkuhnen nach Ostpreußen
Ereignis Notiz

Wanderte 1711 nach Ostpreußen und siedelte sich in Szemkuhnen an.

 

Eltern

Beziehung zur Hauptperson Name Beziehung innerhalb dieser Familie (wenn nicht durch Geburt)
Vater Loyal, Paul
Mutter Tribout, Judith
         Loyal, Abraham
    Schwester     Loyal, Susanne

Familien

    Familie von Loyal, Abraham und Mathieu, Susanne
Verheiratet Ehefrau Mathieu, Susanne
   
Ereignis Datum Ort Beschreibung Notizen Quellen
Hochzeit 9. Juli 1684 Courcelles-Chaussy ref., 6. Sonntag nach Trinitatis
 
  Narrative

Im dortigen Kirchenbuch findet sich über den Trauakt folgende Eintragung:
(Übersetzung)

Am Sonntagnachmittag, den 9. Juli 1684. Heute wurde die Hochzeit von Abraham Loyal, Sohn des verstorbenen Paul Loyal, Dachdecker in Silly und von Judith Tribout, seiner Frau einerseits und Susanne Mathieu, Tochter des verstorbenen Isaac Mathieu, Einwohner in Landonvillers und der verstorbenen Sara Perjeant, seiner Frau andererseits gefeiert. Seitens der Angehörigen des Gemahls wohnten der Hochzeit bei: sein (beau-père) Stiefvater und sein Onkel Jacob Tribout, (laboureur) Ackerbauer und Gärtner in Landonvillers und seitens der Angehörigen der Gemahlin, ihr Bruder Raphael Mathieu, Ackerbauer (laboureur und Gärtner) in Nolly (= Noully bei Courcelles-Chaussy) und ihr Onkel Abraham Mollet, Ackerbauer (laboureur) in Landonvillers *16.
Der 24 Jahre alte Bräutigam und die 22 Jahre alte Braut haben erklärt, nicht schreiben zu können und daß es ihnen daher nicht möglich sei, die Urkunde zu unterschreiben. Jennet ev. Pfarrer. (K 395).

  Kinder
  1. Loyal, Louis
  2. Loyal, Daniel
  3. Loyal, Noé
  4. Loyal, Jeanne
  5. Loyal, Susanne
  6. Loyal, Samuel
  7. Loyal, Marie
  8. Loyal, Paul
  9. Loyal, Abraham
  10. Loyal, Judith
  11. Loyal, Charles
  12. Loyal, Marie

Erzählend

Aus dem Leben von Abraham und Susanne Loyal (geb. Mathieu)

Kindheit im Hause des Stiefvaters Daniel Blanbois
Abraham L. wurde wohl im Jahre 1660 geboren. Ein genaues Datum ist nicht mehr feststellbar, da die Kirchenbücher von Silly-sur-Nied (Abb. 31) aus dieser Zeit fehlen (verbrannt in den Kriegsjahren 1870/71). Abrahams Vater starb früh. Die Mutter (Judith) hatte es als junge Witwe mit ihren beiden kleinen Kindern (Susanne und Abraham) sicherlich nicht leicht. Sie entschloß sich ein zweites Mal zu heiraten. Dies war bei den Hugenotten durchaus üblich. Schließlich bedeutete es nicht nur eine Altersversorgung, sondern die Eheleute konnten gemeinsam die eigenen und Stiefkinder versorgen. Zu dieser Zeit dürfte Abraham etwa 5 Jahre alt gewesen sein. Sein Stiefvater, Daniel Blanbois, stammte aus Metz und war von Beruf Leinweber in Landonvillers. Er übernahm die Erziehung Abrahams. Aufgrund der Patenangaben hatte Abraham wohl noch eine Schwester Susanne, über deren weiteres Schicksal nichts bekannt ist. Später gesellten sich zu Abraham noch zwei Halbbrüder hinzu, getauft auf die Namen Daniel und Samuel Blanbois. Die drei Brüder lernten vom Vater das Leinweberhandwerk.

Am 9. Juli 1684 heiratete Abraham Loyal Susanne Mathieu in Courcelles-Chaussy.
In der Urkunde wird der Bruder von Susanne, Raphael Mathieu, genannt.*22 Er wurde am 12.7.1657 in Metz getauft. Raphael war Gärtner und Landarbeiter in Landonvillers und Nouilly bei Metz. Er heiratete am 9.10.1682 in Metz Marie Malaisé aus Nouilly ( » 13.3.1653 in Metz, † 19.6.1752 in Berlin). Das Ehepaar flüchtete wohl schon vor 1685 nach Ludweiler und von dort aus um 1692 nach Berlin. Der Sohn Jean Mathieu (¬ ... 1696 in Auly b. Metz, † 1.2.1775 in Berlin, 79 J., oo 2.3.1724 in Berlin, franz. ref. mit Jeanne George, ¬ ... um 1692 in Puy bei Metz, † 19.6.1752 in Berlin, 60 J.) ist der Stammvater und Gründer der Mathieu'schen Gärtnerei in der Neuen Grünstraße Nr. 31 in Berlin. Die Gärtnerei war bekannt für Blumenzwiebeln und Sämereien. Auch betrieb man in dieser Gärtnerei Züchtungen in Treibhäusern.*17 Fast alle Nachkommen der Familie Mathieu in Deutschland stammen aus dieser Linie. (K 29); (K 56). (Abb. 29, 37b)
Weiterhin lebte in Landonvillers die Schwester Anne Mathieu (¬ ... um 1653 in ...). Sie heiratete am 29.1.1683 in Courcelles-Chaussy (ref.) in erster Ehe Jacob Toussaint (¬ ... um 1651 in ..., † ... vor 1685 in ..., So.v. Jean Toussaint) und am 20.5.1685 in Courcelles-Chaussy in zweiter Ehe David Bachellier, "meunier à Bonfey".*20
Nach der Heirat wohnte Abraham mit seiner Ehefrau Susanne in Landonvillers, sie besaßen dort ein Haus mit einem kleinen Grundstück mit 1 Morgen (= 3.419 qm) Ackerland und einer Wiese. Das Ackerland wurde in vier Tagen der Woche bestellt, an den übrigen Tagen arbeitete Abraham wohl am Leinwebstuhl. Im Hause wohnte und arbeitete auch der noch ledige Stiefbruder Daniel Blanbois.*14 Sie lebten dort im calvinistischen Glauben und gehörten der reformierten Pfarrei Courcelles-Chaussy an.

August 1686 Abraham und Susanne schworen vor den Dragonaden ab
Als am 20. Oktober 1685, unter Ludwig XIV., das folgenschwere Revokationsedikt von Fontainebleau erklärt wurde und alle vorherigen Edikte, besonders das von Nantes, nichtig wurden, war jegliche Religionsausübung der Hugenotten, nunmehr unter Androhung schwerer Strafe an "Leibern und Gütern", verboten. Es begann eine Auswanderungsflut der Hugenotten aus Frankreich in nie geahnten Ausmaßen. Mit administrativen Maßnahmen, Überredung, Drohung und schließlich mit Gewalt, sollten die Hugenotten zum Übertritt zur alten Kirche gezwungen werden. Durch die ab 1680 angewandten "Dragonaden", die gewaltsamen Einquartierungen der königlichen Dragoner in den Hugenottengemeinden, wurden, wie auch schon vor der formellen Aufhebung des Edikts, zehntausende von Reformierten zur Flucht gezwungen. Das Revokationsedikt von Fontainebleau vom 22. Oktober 1685 beseitigte die letzten Rechte. Die Kirchen wurden zerstört, die Pfarrer des Landes verwiesen. Selbst private Versammlungen in hugenottischen Gemeinden wurden unter Strafe gestellt. Ebenso galt die Emigration aus Glaubensgründen als Verbrechen, das mit der Galeerenstrafe belegt wurde.
Am 21. Oktober 1685 (18. Sonntag nach Trinitatis) hielt Pfarrer Jeannet in der Gemeinde Courcelles-Chaussy seine letzte Predigt.
Am Donnerstag, den 29. August 1686 mußten 140 Familienhäupter, die als besonders gute Anhänger angesehen wurden, vor dem Lieutenant Général der Provinz erscheinen, welcher ihnen erklärte, daß der vom König gewährte Termin zu einem Rücktritt zur römisch-katholischen Kirche nunmehr abgelaufen sei und daß ihnen wie auch allen anderen Protestanten 48 Stunden Frist gewährt sei, abzuschwören. Wenn nicht, müßte jede Familie Dragoner als Einquartierung aufnehmen. Am übernächsten Tag wurden 6, 8, 12, 15 oder gar 18 Soldaten einquartiert. Sie mußten Bett und Nahrung erhalten. Ein großer Teil wich diesem Zwang und man rechnet mit ca. 1.200 Abschwörungen in den ersten Tagen in Metz. Für Courcelles-Chaussy wird die Zahl mit 325 angegeben.*13 Auch Familie Loyal schwor unter dem Druck der Dragonaden ab. Wir finden in der Abschwörungs-Liste vom 29. August 1686 in Landonvillers unter der Nr. 67 und 68 folgenden Eintrag: "Loial Abraham et sa femme Susanne Mathieu."*5 Wie andere Gemeindemitglieder beschloß die Familie, das Land zu verlassen. Die Entscheidung Hab und Gut zurückzulassen war sicher schwer. Der Aufbruch durfte nicht bekannt werden, es war verboten, das Land zu verlassen.

Frühjahr 1687, die Familie flieht zu den Verwandten nach Ludweiler
Eine am Schluß des Lebenslaufes aufgeführte Tabelle ist ein Versuch, den Fluchtweg mit seinen Entfernungen und Problemen nachzuvollziehen. Wenn wir uns gedanklich in die damalige Zeit zurückversetzen, müssen wir berücksichtigen, daß die Familie Gepäck und Proviant mitnehmen mußte. Zeichnerische Darstellungen jener Zeit belegen, daß die Flüchtlinge ihre Habe meist mit zweiräderigen Handkarren beförderten, und, daß die Wege unbefestigt waren. Ein großes Problem war für die Ehefrau Susanne sicherlich die Versorgung der beiden kleinen Kinder (Daniel und Louis). Die täglich zurückgelegte Entfernung, dürfte deshalb im Durchschnitt wohl bei 10 Kilometern gelegen haben.
"Der Weg zur nassauischen Tochtergemeinde Ludweiler (weitere Gemeinden, in die Loyals flohen, waren Annweiler und Limbach/Pfalz), war schon immer ein alter Weg über die Grenze, und noch heute kennen viele Bewohner diesen. Er wurde bis ins 18. Jh. hinein von den protestantischen Nachkommen benutzt. Der Weg ging vermutlich über Bionville, um bei Buschbon die alte Metzer Straße zu gewinnen. Man reiste des Nachts, weil man bei Tage in den zu durchwandernden Ortschaften viel zu leiden hatte, vom Übelwollen der Bevölkerung."*5 (Abb. 30, 33) Über diesen alten Weg ist sicher auch schon der Vorfahre Mangin Loyal (a I 3) mit seiner Familie um 1651 gewandert, um in die Gemeinde Annweiler zu gelangen, um dort als Dachdecker zu arbeiten.
Die Flucht der Familie Abraham Loyal dürfte wohl im Frühjahr 1687 gewesen sein. Durch eine Urkunde wissen wir, daß sein Besitz und Land bereits im Jahre 1688 öffentlich versteigert wurde. Im selben Jahr finden wir folgenden urkundlichen Vermerk über die Abwesenden und Geflüchteten von Courcelles-Chaussy und Landonvillers: "Abraham Loyal et Suzanne Mathieu, Daniel Blanbois (une maison, quatre jours de terre labourable avec un pre)."*14 Mit Daniel Blanbois (a III 19) ist Abrahams Stiefbruder gemeint.
In Ludweiler lebten bereits vor 1683 die beiden Brüder von Susanne Mathieu. Raphael Mathieus Schicksal wurde bereits oben geschildert. Der zweite Bruder hieß Paul Mathieu. Er wurde wohl kurz nach 1649 in Courcelles-Chaussy geboren. Familie Loyal wohnte sicher eine Zeitlang bei Paul oder Raphael Mathieu in Ludweiler, bevor sie nach Mannheim weiter zog. Der Abschied fiel schwer, denn man wußte nicht, ob man sich jemals wieder sah.
Paul Mathieu (¬ 10.8.1652 in Landonvillers, » ... 1652 in Metz, † ... 1.1719 in ... verm. Ludweiler), Beruf: "cordonnier" = Schuhmacher, wird 1684 in der Hugenottenliste von Metz genannt, wird aber bereits 1690 in Ludweiler erwähnt. Er heiratete um 1680 Susanne Cachot (Gachot, ¬ 22.6.1647 in Courcelles-Chaussy, † ... in ...), sie lebte nur kurze Zeit in Rosseln und war die Witwe des Philipp Collin, ((To.v. Mathieu Gachot, ¬ ... in ..., † ... (vor 1669) in ..., Beruf: Tagelöhner in Courcelles-Chaussy*21, oo ... in ..., mit Mangeotte Butard, ¬ ... in ..., † ... in ...)). Susanne Cachot (Gachot) war in erster Ehe mit Philipp Collin verheiratet, der ein Untertan zu Rosseln war. Nachdem Philipp Collin in seinem Haus kurz vor 1680 in Ludweiler verbrannte, ging seine Frau eine Zeitlang weg und kehrte 1690 nach Ludweiler zurück. Die Eheleute Mathieu-Cachot erwarben am 28. Dezember 1696 von Zacharias Marchand (Kaufmann, "Maire de Naswyler", gest. 10. Juni 1752 in Ludweiler) ein abgebranntes Haus in Ludweiler, welches Marchand 1693 von Peter Jolage Erben kaufte. Die Kinder aus dieser Ehe blieben in Ludweiler und deren Nachkommen leben bis in unsere Tage noch dort.*18

Mai 1687, die Familie zieht weiter und erreicht Mannheim
Familie Loyal floh zur nächsten protestanischen Gemeinde nach Mannheim, um dort Schutz zu suchen. Wir finden Abrahams Familie dort zum ersten Mal am 19. Mai 1687 (Pfingstmontag) im Protokollbuch der französisch (-wallonisch) reformierten Gemeinde erwähnt. Sie nahmen dort am Pfingstabendmahl teil*6 und "schworen die römischen Irrtümer ab". In Mannheim wurde am 9. Juli 1688 der Sohn Noé geboren. Die Familie blieb jedoch nur kurz in Mannheim.

September 1688, die Familie erreicht Frankfurt/M.
Wir finden sie am Samstag den 25.9.1688 in den Distributionslisten von Frankfurt/M., wo sie eine Unterstützung erhielten. "4 (Pers.), Abraham Loyal avec sa femme Susanne Mathieu et leur enfant (Sohn Louis) - f 2,15; Isaac Mollet avec tand. son allant à Smalkalden - f 1"*7. Der Söhne Daniel und Noé werden in den Listen nicht mehr erwähnt, sie starben wohl als Kleinkinder auf der Flucht zwischen Mannheim und Frankfurt/M. Man hatte demnach in der Zwischenzeit beschlossen weiterzuziehen, denn man befürchtete vielleicht die nahende Gefahr der Dragonaden, die auch über die Grenzen hinaus die Glaubensflüchtlinge verfolgten. Auch die herannahenden Soldaten Ludwigs XIV. im Pfälzischen Erbfolgekrieg (24.9.1688 - 1697) waren wohl mit ein Grund für die erneute Abwanderung. Frankfurt/M. blieb ebenfalls nur eine Zwischenstation. In den Frankfurter Distributionslisten finden wir den Hinweis, daß die Familie nach Schmalkalden (Nordhessen) weitergezogen ist.

Herbst 1688, die Familie erreicht Prenzlau in der Uckermark
Der Stiefbruder von Abraham Loyal, Daniel Blanbois, heiratete am 20. November 1688 in Prenzlau i.U. Also dürften die Familien Loyal und Blanbois schon im Herbst 1688 in Prenzlau angekommen sein, wenn beide Familien gemeinsam dorthin flohen, was anzunehmen ist. Hier wurde am 4. Oktober 1689 Jeanne geboren, die aber dort am 25. Juni 1690 starb. Am 15. August 1692 folgte die Geburt von Susanne und am 25. November 1693 die von Samuel, genannt nach dem Halbbruder Abrahams, Samuel Blanbois. Die französisch reformierte Gemeinde erhielt als Predigtraum in Prenzlau die ehemalige Heiliggeistkapelle unweit des Mitteltores. Hier wurden auch die in Prenzlau geborenen Kinder von Abraham L. getauft.

1694/95, die Familie zieht nach Strasburg in der Uckermark
Prenzlau i.U. blieb für die Familie erneut Zwischenstation. Im Jahre 1694/95 zogen die Familie Loyal mit den Kindern Louis und Noé dann weiter nach Strasburg i.U. Hier hielt sich die Familie etwa 16 Jahre auf. Abraham wird dort im Kirchenbuch als Leinwebermeister erwähnt. Hier wurden folgende Kinder geboren: Marie (6.11.1695), Paul (22.4.1698), Abraham (8.7.1699), Judith (17.1.1702), Charles (13.6.1704) und Marie (19.10.1706). Noé, geboren am 9. Juli 1688 in Mannheim, starb vor 1700 in Strasburg wie auch Paul.

September 1711, die Familie zieht in die Kolonie Szemkuhnen/Ostpreußen
Sicher hatte Abraham in der Uckermark nicht das gefunden, was er sich erhofft hatte. Schließlich mußte man sich mit den Alteingesessenen auseinandersetzen. Es kam oft zu Streitigkeiten. Viele Familien hatten nicht ausreichend Ackerland erhalten, um davon leben zu können. Andere erhielten überhaupt keine Ländereien und waren, wenn sie kein Handwerk erlernt hatten, nirgends unterzubringen. Dazu kam, daß die anfangs erteilten Rechte gekürzt wurden, denn die angesiedelten Franzosen standen hier nicht unter dem Schutz eigener Gerichtsbarkeit. Die Amtshauptleute suchten und fanden vielfache Gründe, die Kolonisten zu unterdrücken und die etwaige Besetzung einer französischen Hofstelle durch einen Deutschen zu rechtfertigen. Dadurch füllten die Klagen der uckermärkischen Kolonisten im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts ganze Bände in den Justiz- und Kanzleiakten. Auch wurden die Franzosen wegen ihrer vermeintlichen Vorrechte von den deutschen Bewohnern beneidet. Viele Kolonisten sahen sich daher gezwungen, ihren Wohnsitz zu wechseln, "weil die Deutschen sie nicht ruhig leben ließen." Besonders die lutherische Landbevölkerung stand den Ansiedlern oft feindlich gegenüber und verleidete ihnen derart die neue Heimat, daß in den ländlichen Kolonien noch lange ein reges Wanderleben herrschte. Dazu wurden sie noch von anderen Widerwärtigkeiten heimgesucht wie von Seuchen und Brandschändungen, so daß die Weiterwanderungen der Heimstattsuchenden noch lange Jahre anhielten.
Durch ein "Königliches Patent"*8, das ab dem 20. September 1711 als öffentliche Bekanntmachung im Land aushing oder als Flugblatt weitergereicht wurde, erfuhr Abraham L. von den Vergünstigungen, die der König den neuen Siedlern in dem von der "Contagion" (Pest) entvölkerten Ostpreußen bot. Er beschloß mit seinen Kindern nach Ostpreußen zu ziehen. Nur die ältesten Söhne Louis und Samuel blieben in Strasburg i.U. Wie mutig und zuversichtlich mußte Abraham gewesen sein, war er doch zu diesem Zeitpunkt schon über 50 Jahre alt.
Abraham Loyal wanderte laut Einwanderungsliste von 1720 auf eigene Kosten noch im Herbst 1711 nach Ostpreußen. Er wurde in Szemkuhnen "angesetzt". Dort übernahm er um 1712 von André Gambié, einem aus Paris stammenden Tischlermeister, der Särge bis in die Uckermark lieferte, einen Bauernhof, auf 1 Hufe (= 30 Morgen).*15 Als Familie Loyal erstmals ihre neue Heimat betrat, war das Grundstück von hohem Unkraut überwuchert. Auch hatten sie Angst vor der weit und breit umgehenden, noch nicht abgeklungenen Pest.
Der Ort Judtschen war ein königl. Bauernort im Amt Stannaitschen (früher auch Stannen genannt, Georgisches Schulzenamt). Die Besitzungen der königlichen Bauerndörfer waren nicht Eigentum der Bauern, sondern Eigentum des Königs und konnten nicht vererbt werden. Es gab zwei Arten: a) Scharrwerksdorf, die Scharrwerksbauern hatten herrschaftlichen Besitz wie Vieh, Pferde und Ackergeräte. Sie mußten bei den Domänenämtern Scharrwerksdienst auf dem Amtsacker oder andere Dienste verrichten. b) Hochzinsdörfer, Hochzinser zahlten einen höheren Zins als Scharrwerksbauern. Dafür leisteten sie keine oder nur geringe Ackerscharrwerksdienste bei den Ämtern. Sie hatten aber alle Abgaben, Burgdienste, Paß- und Mühlenfuhren usw. wie die Scharrwerksbauern zu leisten. Abraham war als Kolonist von diesen Diensten befreit und hatte keine Scharrwerksdienste zu leisten. Erst sein Sohn Abraham (a IV 53) wurde 1728 zum Scharrwerksdienst herangezogen, jedoch bald wieder befreit, als er und andere sich widersetzten.
Für Haus und Hof mußte Abraham eine königliche Unterstützung annehmen. Er erhielt laut Dekret 1 Hufe (= 30 preuß. Morgen = 30 x 2.500 qm = 7,5 ha), 124 Rtle. und 61 Gr. (Hof Nr. 35). Drei Jahre hatte er Steuerfreiheit. Die Schulden mußte er erst ab 1716 abzahlen.*9 Abraham erhielt einen sogenannten "Königlichen Besatz", d. h. er bekam Vieh Wirtschaftsgeräte, Saat- und Brotgetreide. Das Vieh bestand aus 4 Pferden, 2 Ochsen, 2 Kühen, 2 Schafen, 2 Schweinen, 2 Gänsen, 2 Hühnern. Dieser Besatz mußte stets vorhanden sein. Züchtete oder erwarb er darüber hinaus Vieh, so gehörte es ihm.*12 Der Hof und das Wohnhaus waren völlig aus Holz gebaut, wie es bei fast allen Kolonistenhöfen üblich war. Sicher half man sich gegenseitig beim Errichten der Häuser und Stallungen oder renovierte verlassene Höfe. Das Wohnhaus war klein und einstöckig und hatte nur wenige Zimmer. Alles häusliche Leben spielte sich in einer größeren Stube ab. Die Betten waren in der Wand eingelassen. Das Dach war mit Stroh gedeckt und eine Wetterfahne erinnerte mit dem Erbauungsdatum an die Einwanderung.
'Abraham Loyar' (Endung 'r'!) finden wir in der Schweizerliste vom Jahre 1717 in Szemkuhnen. Er besitzt laut dieser 1 Hufe*10, (laut Liste von 1729, gleichfalls 1 Hufe).*11

Frühjahr 1719, Sohn Samuel zieht in die Kolonie Schlappacken/Ostpreußen
Im Frühjahr 1719, also acht Jahre nachdem Familie Abraham Loyal sich in Szemkuhnen angesiedelt hatte, wanderte auch der Sohn Samuel L. (a IV 50) nach Ostpreußen. Er hoffte, wie zuvor sein Vater, auf einen neuen, besseren Anfang.
Samuel wurde in Schlappacken angesiedelt. Diese Ortschaft liegt unweit von Szemkuhnen und so traf Samuel L. seine Familienangehörigen wieder. Das Wiedersehen war bestimmt ein freudiges Ereignis. Sicher hatten sie keinen brieflichen Kontakt, wir wissen durch die Kirchenbucheintragungen von Courcelles-Chaussy, daß Vater Abraham und seine Frau nicht schreiben konnten. Vermutlich wurde Samuel von seiner Braut begleitet, die er wohl in Rastenburg auf seinem Weg nach Ostpreußen kennengelernt hatte. Sie heirateten am 28. April 1719 in Judtschen. Samuel lebte im gleichen Kirchenspiel wie sein Vater und so sah man sich bei den Gottesdiensten. Samuel L. wechselte bereits um 1723 seinen Wohnort und zog nach Szemkuhnen. Er wollte näher bei seiner Familie leben. Am 27. April 1727 wurde die neu erbaute Kirche von Judtschen eingeweiht.

Sommer 1728, Abraham übergibt den Hof seinem drittältesten Sohn Abraham
Abraham hatte zunächst wohl Schwierigkeiten bei der Bewirtschaftung. Er war als ausgebildeter Leinwebermeister für den neuen Beruf als Landwirt berufsfremd. Auch war er bereits 68 Jahre alt und die schwere Landarbeit fiel ihm sicher schwer, so wollte Amtmann Hencke ihn 1728 vom Hof jagen. Doch retteten ihn höhere Stellen, wohl aber auch die Tatsache, daß sein drittältester Sohn Abraham den väterlichen Hof übernahm. In diesem Jahr wurde bereits Abraham junior als Schweizererbe genannt, demzufolge hatte der Vater den Hof an den Sohn übergeben. Auch ist bekannt, daß der Sohn in diesem Jahr vom Scharrwerkdienst befreit wurde.*15
In Abrahams bewegten Leben war endlich Ruhe eingekehrt. Er hatte hier sieben Kinder und nachweislich 50 Enkelkinder, von denen 24 das Kindesalter überlebten. Sohn Louis L. lebte mit zehn Kindern in Strasburg i.U., diese Enkelkinder (oben nicht mitgezählt) lernte er nicht kennen. Die ostpreußischen Kinder und Enkelkinder wohnten alle in seiner nächsten Umgebung. Abraham starb am Mittwoch den 15. März 1730 im Alter von 70 Jahren in Szemkuhnen. Wann seine Ehefrau starb, ließ sich leider bisher nicht ermitteln. Ein Eintrag fehlt im Kirchenbuch von Judtschen. Sie verbrachte ihren Altenteil auf dem Hof des Sohnes Abraham. In einer Steuerliste von 1736 wird sie noch als Witwe erwähnt; sie war in diesem Jahr etwa 75 Jahre alt und ist wohl kurze Zeit danach gestorben. Im Kirchenbuch sind bei den Sterbeeintragungen leider zahlreiche Lücken (1736, 1740 - 1741).

 

Auswanderungsroute
Von Courcelles-Chaussy nach Ludweiler (Pfalz) (Frühjahr 1687) 50 km
weiter nach Sankt Lambrecht/Pfalz (verm.) dort franz. ref. Gemeinde, 110 km
weiter nach Mannheim (19.5.1687) 81 km 241 km
weiter nach Frankfurt/M., franz. ref. Gemeinde (25.9.1688) 95 km 95 km
weiter vermutlich über Kassel, dort verschiedene franz. ref. Gemeinden 229 km
weiter über Karlshafen, 46 km
Halberstadt und Magdeburg (verm.) weiter über Potsdam,
bis zur franz. ref. Gemeinde von Berlin 346 km
weiter nach Prenzlau i.U. (Herbst 1688) 151 km 772 km
verzogen später nach Strasburg i.U. (1694/95) 42 km 42 km
Gesamt etwa 1.150 km 1.150 km
In der Uckermark hatten sie ein schweres Leben (Feindlichkeiten gegen die "Franzosen").
Erst 1711 weiter nach Ostpreußen, Ankunft im Herbst (bis Memel) 822 km
Insgesamt, von Courcelles-Chaussy bis Szemkuhnen legte die Familie rund 2.000 Kilometer zurück.

Familienkarte

Familienkarte

Ahnentafel

  1. Loyal, Paul
    1. Tribout, Judith
      1. Loyal, Susanne
      2. Loyal, Abraham
        1. Mathieu, Susanne
          1. Loyal, Noé
          2. Loyal, Daniel
          3. Loyal, Jeanne
          4. Loyal, Susanne
          5. Loyal, Samuel
          6. Loyal, Louis
          7. Loyal, Marie
          8. Loyal, Paul
          9. Loyal, Abraham
          10. Loyal, Judith
          11. Loyal, Charles
          12. Loyal, Marie

Vorfahren

Ereignisreferenzen

  1. Auszug aus der Familienchronik Loyal